Auftakt für den Ernährungsrat für Tübingen und die Region

Wie können wir eine Ernährungswende in Tübingen und Region gestalten? – darum ging es am gestrigen Mittwochabend bei der Kick-off-Veranstaltung zum Aufbau des Tübinger Ernährungsrates. An dem Abend waren im Dialoggesprächen drei Vertreter*innen bereits bestehender Ernährungsräte aus Berlin, Leipzig und Freiburg. 107 Zuschauer*innen nahmen online an der Veranstaltung teil, im Publikum waren 37 Gäste aus Landwirtschaftsbetrieben und Initiativen (u.a. Xäls, Fridays for Future) aus Tübingen und Rottenburg.

„Die Möglichkeit, als Bürger*innen Einfluss auf das Ernährungssystem zu nehmen“, so beschreibt die Journalistin Gundula Oertel vom Berliner Ernährungsrat die Idee eines Ernährungsrates. Bei der Kick-off-Veranstaltung am 14. Oktober stellte sich die Tübinger Initiative vor, die seit März daran arbeitet, einen Ernährungsrat für die Region in die Wege zu leiten. Der Aufbau wurde von einem Seminar mit Studierenden der Hochschule Rottenburg und des Studium Oecologicum der Universität Tübingen begleitet. Bei der Kick-off-Veranstaltung stellten Anna-Noemi Krauss und Anna Gerhard eine Posterausstellung vor, die sie im Rahmen dieses Seminars erstellt haben. Das Podiumsgespräch wurde von Marieke Kodweiß (EPiZ) und Raquel Cayapa (Miglobe-Beraterin) moderiert. Im Gespräch erzählten Sabrina Gerdes (Ernährungsrat Leipzig) und Gundula Oertel über die Arbeit von Ernährungsräten und dem deutschlandweiten Netzwerk der Ernährungsräte. Als Herausforderung benannten beide die Schwierigkeit, Produktionsbetriebe in die Organisation zu integrieren, gerade in den Sommermonaten sei dies eine Zeitfrage, so Gerdes. Wesentliche Erfolge sehen sie unter anderem darin, dass in ihren Städten Ernährung zum politischen Thema wurde: „Es geht nicht nur um das Recht auf Wohnung, sondern auch um das Menschenrecht auf Nahrung“, so Oertel. In Leipzig hat der Ernährungsrat in diesem Zusammenhang eine Förderlinie für regionale Wertschöpfungsketten in die Stadtpolitik eingebracht, die derzeit zur Debatte steht.

Im anschließenden Worldcafé tauschten sich die Teilnehmenden über die Handlungsbedarfe, aber auch Potenziale und Visionen für die Ernährung in der Region Tübingen aus. Dabei kam unter anderem zur Sprache, dass es gerade beim Thema Gemeinschaftsverpflegung, wie in Schulen und Altersheimen, viel Veränderungsbedarf für ein ökologischeres und regionaleres Essen gibt. Gleichzeitig nahmen die Online-Zuschauer*innen an einem virtuellen Worldcafé zu den Diskussionsfragen teil und formulierten als Vision unter anderem, dass der Zugang zu ökologischer Ernährung keine Frage des Geldbeutels sein soll. Aufgrund einer Streckensperrung kam der Vertreter des Freiburger Ernährungsrates, Harald Rinklin, erst gegen Ende der Veranstaltung dazu, konnte jedoch noch davon berichten, wie es in Freiburg erfolgreich gelungen ist, die Kommune in den Ernährungsrat einzubinden. So ist der Oberbürgermeister dort Schirmherr des Ernährungsrates und eine der beiden hauptamtlichen Stellen des Ernährungsrates wird von der Kommune finanziert. Er betont zudem die Bedeutung, Schlüsselfiguren des Ernährungssystems zusammen zu bringen. Das hat sich nun auch die Tübinger Gründungsinitiative vorgenommen. Hinter der Initiative stehen die Solidarische Landwirtschaft und Streuobst-Solawi, das Tübinger Umweltzentrum, das Studium Oecologicum, foodsharing Tübingen sowie weitere engagierte Einzelpersonen. Nach dem Kick-off soll es nun konkret um die Gründung gehen, das Folgetreffen findet am 5. November im FRANZwerk statt, um eine vorherige Anmeldung wird gebeten: ernaehrungsrat-tuebingen@posteo.de